Demner, Merlicek & Bergmann

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'Das Spielfeld ist zur Betonfläche geworden'

Horizont Österreich-Interview mit der Führungsriege von Demner, Merlicek & Bergmann nach der Trennung von Rosa Haider-Merlicek über die Veränderungen in der Agentur und im Marktumfeld

HORIZONT: Die plötzliche Trennung von Rosa Haider-Merlicek Mitte November hat für Aufregung und jede Menge Gerüchte gesorgt …

Mariusz Jan Demner: Es ehrt ja die Agentur, wie auch Haider, dass sich die Branche solche Gedanken um eine Personalie macht. Dass wir im abgelaufenen Jahr zehn neue Etats gewonnen haben, scheint weniger zu beschäftigen.

HORIZONT: Das ist ja nicht irgendeine Personalie. Rosa Haider-Merlicek gilt als Ausnahmekreative, die der Agentur in den vergangenen 17 Jahren viele Etats und jede Menge Auszeichnungen gebracht hat.

Demner: Ohne Zweifel, Rosa Haider-Merlicek ist ein Solitär, ein Star mit dem Anspruch eines Stars. Daran ist auch überhaupt nichts auszusetzen, aber so wie sich das Agenturgeschäft entwickelt, geht es rasant in eine andere Richtung: dass wir aus zusehends weniger viel mehr machen müssen. Da braucht es mehr denn je eine getaktete Gesamtleistung.

Bergmann: Und es ist im Übrigen auch genau diese Gesamtleistung, die der Agentur über all die Jahre Etats gebracht hat.

HORIZONT: Herr Demner, was meinen Sie mit „so wie sich das Agentur­geschäft entwickelt“?

Demner: Wir Agenturen stehen mitten in einem gewaltigen Umbruch, der in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird. Internationale Agenturen, die Werbegeschichte geschrieben haben, werden hierzulande fusioniert oder verschwinden ganz. Das Spielfeld der Werbung, das einst gut dotiert war und einer saftigen Wiese glich, ist heute eine Betonfläche. Ich persönlich habe noch nie erlebt, dass die konjunkturellen Parameter zu Beginn ­eines neuen Jahres so schlecht ausgeschaut haben. Das setzt Agenturen einem ungeheuren Druck zur Veränderung aus, und für die Bewältigung dieses Change-Prozesses ist perfekte Teamarbeit notwendig. Da bleibt wenig Platz für ausufernde Egos. Letztlich ist aber genau das die große Zäsur in dieser Branche. Die neue Geschäftsleitung – seit Mai 2013 bestehend aus Francesco Bestagno, Christin Herrnberger, Katharina Schmid, Helmut Schliefsteiner und Evelyn Schmidt-Lukele – ist fest entschlossen, diese Agentur gemeinsam mit Harry Bergmann und mir so aufzustellen, dass sie ihrem Anspruch der letzten Jahrzehnte, nämlich die Nummer eins am Markt zu sein, weiterhin erfüllen kann. In gewisser Weise hat das, was hier praktiziert wird, auch Laborcharakter für die ganze Branche.

HORIZONT: Verzeihen Sie, aber dass Sie es bei Rosa Haider-Merlicek mit einem starken und polarisierenden Charakter zu tun haben, ist ja nicht neu, das wissen Sie seit 17 Jahren – wieso die plötzliche Trennung?

Harry Bergmann: Der letzte Tropfen hat immer eine Plötzlichkeit.

Demner: Sie können mir glauben: Das war keine einsame Entscheidung und sie war schon gar nicht einfach. Immerhin geht es hier nicht nur um Rosa Haider, sondern eben auch um die Frau von Franz Merlicek, der dadurch in eine sehr unangenehme Lage gekommen ist. Wir haben in dieser Situation, die per se schon heikel war und einer großen Sensibilität bedurfte, über viele Jahre eine doch konstruktive und einigermaßen friedvolle Zusammenarbeit geschafft. Im Zuge der Veränderungen kamen wir an einen Punkt, wo es nicht mehr weiterging.

HORIZONT: Was in einer fristlosen Entlassung geendet hat. Wie kam es zu diesem extremen Schritt?

Demner: Dazu sage ich nur: Wir haben uns getrennt. Alles Weitere ist Angelegenheit zwischen Rosa Haider-Merlicek und der Agentur.

HORIZONT: Einer der indirekten Auslöser für die Eskalation war die Umstrukturierung in der Kreation. Wie ist das genau vonstatten gegangen?

Francesco Bestagno: Aus der Klassik kommend, wurden unsere vier bis fünf Kreativteams jeweils von zwei Kreativdirektoren geleitet – einem Text- und einem Art-CD. Dieses Schema stammte aus einer Zeit, in der Werbung lediglich aus TV- und Radiospots sowie Plakaten und Anzeigen bestand. Die Digitalisierung und die Fragmentierung der Medienwelt haben dazu geführt, dass unser Geschäft viel aufwendiger und kleinteiliger geworden ist. Nach einer gemeinsamen Analyse sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es effektiver und effizienter ist, wenn wir die Teams aufsplitten, also acht Kreativdirektoren mit jeweils kleineren Teams, die für weniger Kunden arbeiten. Das hat zur logischen Folge, dass sich die Kreativen viel intensiver mit ihren Kunden befassen können …

Bergmann: … und letztlich führt es auch dazu, dass die Leistung des Einzelnen deutlich sichtbarer wird. Wir vermeiden leere Kilometer, über­besetzte Meetings und sind einfach schneller. Denn Schnelligkeit ist ein neues Qualitätsmerkmal in dieser Branche geworden, das es in dieser Form früher nicht gab.

HORIZONT: Geht damit nicht zwangsläufig ein Qualitätsverlust einher?

Demner: Diese Branche ist berüchtigt dafür, dass alle immer erst im letzten Moment fertig werden – egal ob man sechs Wochen oder weniger Zeit hat. Bergmann hat unlängst gemeint: Kapazität ist gasförmig, sie füllt jeden Raum, den man ihr gibt. An seinem neuen Handelskunden Merkur arbeiten bei uns 21 Leute. Wenn die nicht miteinander und getaktet arbeiten, stellt’s uns auf.

Bergmann: Besonders die Zeitspanne für das Finden und Ausarbeiten von Ideen geht rasant zurück. Wohingegen wir uns für die Produktion nach wie vor die notwenige Zeit nehmen müssen – denn dort merkt man sofort, wenn gehudelt wird.

HORIZONT: Wie ist die digitale Welt jetzt in der Kreation verankert?

Bestagno: Wir sind ursprünglich mit zwei Leuten ins digitale Business eingestiegen und hatten die digitalen Agenden in einer Abteilung gebündelt, die organisch gewachsen ist – so lange, bis wir die Kapazitäten hatten, um die Digitalprofis den einzelnen Kreativteams zuzuordnen. Das hat enorm viel bewirkt, weil ein tagtäglicher Know-how-Transfer entstanden ist – und zwar in beide Richtungen. Zusätzlich haben wir unsere Teams in den Bereichen Direct Marketing, Customer Relationship Management und Bewegtbild aufgebaut.

Demner: Wir sind ein Thinktank für Marken, und unsere Kreativteams sind heute darauf ausgerichtet, medien- und kampagnenunabhängige Ideen für die jeweilige Marke und ihre spezifischen Herausforderungen zu entwickeln.

HORIZONT: Wie steht es ums Stra­tegic Planning im Haus? Ist die Zuteilung von Spezialisten zu den einzelnen Teams, wie es im Digitalbereich praktiziert wurde, ein Vorbild?

Katharina Schmid: Traditionell ist das Planning in der Kundenberatung angesiedelt. Weil wir diesem wichtigen Bereich aber einen stärkeren Fokus geben wollten, haben wir ihn in einer Abteilung gebündelt. Das unterscheidet uns – leider, wie man sagen muss – von anderen Agenturen. Bei einer Sitzung des Vereins Strategie Austria hat man mir unlängst eröffnet, dass ich einer der letzten in ­einer Agentur noch angestellten ­Planner Österreichs bin. Insofern sind wir hier ohnehin schon eine Ausnahme. Davon, dass wir in jedem Team einen Planner sitzen haben, sind wir aber sehr weit entfernt. Worum wir uns aber sehr bemühen, ist, die Beraterteams in der strategischen Planung so zu schulen, dass sie sich zu tatsächlichen Beratern entwickeln.

HORIZONT: Wie schlägt sich der Change-Prozess auf die Struktur der Kundenberatung nieder?

Christin Herrnberger: Bei uns geht es nicht um eine Umstrukturierung, sondern eher um eine kontinuier­liche Weiterentwicklung, bei der es immer mehr in Richtung eines umfassenden Projektmanagements geht. Wir haben acht Etatdirektoren, deren Kundenzuteilung aber nicht mit den Kreativteams synchronisiert ist.

HORIZONT: Im Herbst haben Sie mit dem Markenmagnetismus ein neues Tool vorgestellt – wie wird es bislang angenommen?

Schmid: Das Feedback ist enorm, und das Interesse sowohl bei bestehenden Kunden als auch bei Unternehmen, die nicht zu unseren Kunden gehören, sehr groß. Wir haben gemeinsam mit dem m.core-Institut der WU Wien ein Tool entwickelt, mit dem wir den Magnetismus, also die Anziehungskraft von Marken, messen können. Gerade arbeiten wir mit unserer Media-Schwesternagentur Media 1 an einer Erweiterung des Tools für die Mediawelt.

HORIZONT: Kommen wir zurück zum eigentlichen Anlass für dieses Gespräch. Wird Franz Merlicek auch die Agentur verlassen?

Demner: Das ist eine Frage, die ich noch nicht beantworten kann und die nicht auf einer rationalen Ebene abläuft. Merlicek ist allen im Haus ein höchst geschätzter Partner. Er ist schon seit vielen Jahren nicht mehr in der Geschäftsführung und hat auch früh seine Anteile an der Agentur verkauft, weil er keine unternehme­rische Verantwortung mehr tragen wollte, sondern sich ausschließlich auf das konzentrieren wollte, was er am liebsten macht, eben ausgezeichnete Werbung. Gemeinsam haben wir eine Konstellation gefunden, in der das über Jahrzehnte sehr gut funktioniert hat. Wenn es ihm seine private Situation ermöglicht, so weiterzumachen wie bisher, wird es uns alle sehr freuen. Einstweilen wollen wir ihm Zeit geben, mit der Situation zurechtzukommen.

HORIZONT: Und wenn nicht – wird dann der Name der Agentur geändert?

Demner: Darüber haben wir nie nachgedacht. Warum auch? We will cross that bridge when we get there.

Link zum Interview auf horizont.at.

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