Demner, Merlicek & Bergmann

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Presse-Interview Mariusz Jan Demner: "Ich würde nie für Zigaretten werben"

Werber Mariusz Jan Demner erzählt der "Presse", wie er seine Agentur gründete, warum er nachts gern allein arbeitet und keine Zeit dafür hat, Geld auszugeben.

Die Presse: Wie viele Stunden haben Sie heute geschlafen?

Mariusz Jan Demner: Etwa fünf.

Wir fragen, weil Sie in früheren Interviews häufig gesagt haben, dass Sie zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens am besten arbeiten, aber trotzdem früh aufstehen müssen.

MD: Ich habe gesagt, dass ich den Schlaf am Wochenende nachhole. Unter der Woche schlafe ich zwischen vier und sechs Stunden, sonst zehn.

Stimmt es, dass die Werbebranche sehr arbeitsintensiv ist? Oder ist das Teil des Mythos, der aufrechterhalten werden soll?

MD: Ich halte nichts von dieser Art von Mythos. Ich glaube auch nicht, dass wir größere Etats bekommen, weil ich länger wach bin. Ich bin bloß ein Morgenmuffel und komme spät auf Touren.

Das heißt, Ihre produktivste Zeit haben Sie dann eigentlich allein und nicht im Team, wie bei Kreativen oft üblich?

MD: Ich finde es wichtig, Zeit für Reflexion zu haben. Und in der Nacht bin ich halt ein paar Stunden mit mir allein. Das brauche ich auch.

Sie sind seit vielen Jahrzehnten in der Werbebranche. Wollten Sie einmal etwas anderes machen?

MD: Ich komme aus einer Juwelierfamilie. Das wollte ich partout nicht machen.

Warum?

MD: Das hat mit der Beziehung zu meinem Vater zu tun. Er war mir aus mancherlei Gründen kein Vorbild. Ich wollte etwas Eigenes machen. Ich wusste nicht, was ich studieren sollte. Da habe ich mit Jus begonnen, nach zwei oder drei Semestern aber abgebrochen. Anschließend habe ich Publizistik und Kunstgeschichte studiert. Publizistik habe ich ziemlich unnötig gefunden – außer der Vorlesung über Werbung. Da hat meine Neugier auf das Metier begonnen.

Sie haben die Agentur Demner, Merlicek & Bergmann quasi aus dem Stand heraus gegründet. Wie kann man sich das vorstellen?

MD: Das kann man sich gar nicht vorstellen. Ich bin während des Studiums durch einen Kollegen auf Oscar Bronner gestoßen. Der hat schon als Journalist gearbeitet, wollte aber auch etwas anderes machen. Irgendwie haben wir dann beschlossen, eine Agentur zu gründen. Wir haben es auch tatsächlich geschafft, bei einem Kunden eingeladen zu werden. Vor dem haben wir uns aber gestritten und es bleiben lassen. Ich habe danach einen Job in einer Agentur bekommen, aber nach fünf Wochen haben die mich hinausgeschmissen.

Warum?

MD: Ich bin der Geschäftsleitung auf die Nerven gegangen, weil ich zu wenig zu tun hatte. Die Firma hätte mich zum Quartal kündigen müssen. Das hat sie verpasst. Deswegen konnte ich dann drei Monate bezahlt weiter studieren gehen. Dabei habe ich einmal einen Freund meines Vaters auf der Straße getroffen. Der hat mich gefragt: „Du bist doch in der Werbung?“ Als ich das halbherzig bejahte, meinte er, er benötige dringend eine Agentur, weil er ein Markenhemd in Lizenz herstelle und einen Teil des Umsatzes für Werbung ausgeben müsse. Durch irgendeine Verrücktheit habe ich dann gesagt: „Ah, das trifft sich gut, ich habe soeben eine Agentur gegründet.“ Ich hatte einen Kunden, bevor ich eine Agentur hatte. Das war ein guter Weg, anzufangen.

Und das Geld für die Gründung kam woher?

MD: Das war überschaubar. Damals gab es andere Hürden. Man benötigte einen Gewerbeschein, für den ich allerdings zu jung war. Irgendwie habe ich es dann bei der Kammer geschafft, eine „Nachsicht des Mindestalters“ zu erreichen.

Und wie haben Sie Ihre erste Werbung platziert?

MD: Ich bin zum Anzeigenchef einer Zeitung gegangen, um mich als neue Agentur vorzustellen, und habe gesagt, dass ich eine Anzeige schalten will. Der hat aber gemeint, das gehe nur nach Vorauskasse. Das Geld hatte ich natürlich nicht. Dann bin ich zu meinem Auftraggeber gegangen und habe ihn hartnäckig um das Geld gebeten. Am Ende hat er es tatsächlich herausgerückt.

Wie viel war das damals?

MD: Es müssen einige zehntausend Schilling gewesen sein. Ich ging später zum Chef einer Creditanstalt-Filiale und suchte um einen Kredit an. Der wollte Sicherheiten, die ich nicht hatte. Mein einziger Kunde war ihnen zu wenig, sie wollten Bürgschaften sehen. Ich habe dann behauptet, dass ich bereits anderswo Angebote eingeholt hätte, wo man nicht darauf bestünde. Dann habe ich ein mildes Lächeln, aber auch einen Kredit über 30.000 Schilling bekommen. Nach einem Jahr habe ich das Geld zurückgezahlt. Seither habe ich nie wieder einen Kredit aufgenommen. Die Agentur finanziert sich aus eigener Kraft. Wir investieren das Verdiente großteils wieder und geben kein Geld für Blödheiten aus.

Halten Sie das privat auch so? Kein Geld für Blödheiten?

MD: Ehrlich gesagt habe ich keine Zeit für so etwas.

Wofür geben Sie dann Geld aus?

MD: Ich lasse mir vielleicht alle Jahre einen neuen Anzug oder Schuhe machen. Für Reisen gebe ich Geld aus, eine Menge für die Ausbildung meines Sohnes und für Kunst. Mit Letzterem habe ich allerdings schon sehr früh begonnen.

Als Anlage?

MD: Nein. In meinem Freundeskreis waren durch Zufall viele Künstler, die heute die klassische Moderne in Österreich repräsentieren. Damals hatten aber alle zu kämpfen.

Haben Sie da einen Glücksgriff gemacht?

MD: Ich habe nur Glücksgriffe gemacht.

Und zwar?

MD: Ich habe Arbeiten von Walter Pichler, frühe Attersees, Arnulf Rainer, Kurt Kocherscheidt, Max Peintner und vielen anderen. Die Werke waren damals noch erschwinglich.

Und verkaufen Sie auch etwas?

MD: Nein, ich habe noch nie ein Bild verkauft.

Das heißt, so richtig harte Jahre hatten Sie offenbar nicht?

MD: Nein, ich hatte einen Kunden, meine Studentenbude und konnte sogar von meiner Arbeit leben. Als wenig später der Merlicek dazugekommen ist, hat der noch bei seinen Eltern gewohnt.

Woher haben Sie Ihr kaufmännisches Talent?

MD: Ich bin als Schulbub jeden Nachmittag in das Geschäft meiner Eltern gegangen und habe dort Hausübungen gemacht. Dabei habe ich zugehört, wie meine Eltern mit Kunden umgehen bzw. wie sie miteinander umgehen. Sie waren großartige Verkäufer. Von dort habe ich es wahrscheinlich mitbekommen.

Ist Verkaufen wichtiger als Kalkulieren?

MD: Es muss beides passen. Wenn Sie etwas verkaufen, das schlecht kalkuliert ist, gehen Sie pleite. Aber Verkaufen ist natürlich wichtig. Es ist nichts anderes, als dem Kunden verständlich zu machen, was er von einem Angebot hat.

Wie oft lügt man den Endkunden in der Werbung an?

MD: Das können Sie ja selbst beurteilen. Ich denke, man braucht nicht zu lügen. Und wenn, dann soll man mit der Wahrheit lügen. Ich glaube aber nicht, dass es notwendig ist.

Braucht ein Unternehmen überhaupt Werbung, wenn es gute Produkte hat?

MD: Wenn jemand heute ein Mittel findet, das zuverlässig Aids oder Krebs heilt, braucht er keine Werbung. Aber überall dort, wo es Wettbewerb gibt, braucht man Werbung, um zu differenzieren.

Gibt es Kunden, für die Sie keine Werbung machen würden?

MD: Ja. Ich würde nie für Zigaretten werben, weil ich Rauchen für eine ungemein schädliche Gewohnheit halte. Und auch nicht für Casinos – mein Vater war Spieler.

Zur Person

Mariusz Jan Demner (* 1945) stammt aus Wien und hat Jus, Publizistik und Kunstgeschichte studiert. Im Jahr 1969 entschied sich Demner spontan, eine Werbeagentur zu gründen. Heute ist der Vater eines Sohnes geschäftsführender Gesellschafter von Demner, Merlicek & Bergmann. Das Unternehmen beschäftigt knapp 140 Mitarbeiter.

(c) Bild: Katharina Roßboth

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